WEIN-PERSÖNLICHKEIT: JEAN-GUILLAUME PRATS

Prats_01Jean-Guillaume Prats ist Praktiker. Nicht nur Zahlenmensch. Der Präsident von Moët Hennessy Estates & Wines skizziert beim Pressegespräch sogleich auf Papier, wann der ideale Zeitpunkt bei der Weinlese liegt. Aus Erfahrung. Der Franzose leitete zuvor das renommierte Bordeaux-Château Cos d’Estournel.

Prats_04Auftakt der Degustation: Cheval des Andes.
Seit 2013 verantwortet Prats internationale Weingüter und renommierte Marken wie Cloudy Bay im Luxus-Segment von Moët Hennessy. Neue Ziele auf der Roadmap: China und Indien. Beim Business-Lunch im Düsseldorfer Medienhafen lässt der Wein-Manager Cheval des Andes der Jahrgänge 2003, 2006 sowie 2009 einschenken. Der Rotwein ist das Produkt eines französisch-argentinischen Joint-Ventures: Bordeaux-Expertise und einzigartiges Terroir am Fuße der Anden.
Der Wein präsentiert sich mit seiner unverwechselbaren violetten Farbe. 55 Prozent Malbec, 43 Prozent Cabernet Sauvignon sowie eine kleine Dosis Petit Verdot machen Cheval des Andes aus Mendoza zu einem herausragenden Vertreter der Region. Schwarze Johannisbeeren und der mineralhaltigen Boden prägen die Aromen. Ausserdem lassen sich Anklänge von Veilchen und Kirsche sowie Tabak und Rauch finden. Prats hebt den 2009er hervor: “So stelle ich mir den typischen argentinischen Repräsentanten vor: würzig und frisch im Geschmack. Daran sollte auch Deutschland Gefallen finden.“
Prats_03Portfolio im Luxus-Segment: Cape Mentelle, Numanthia, Cheval des Andes.
Das Menü startet mit dem ungefilterten Chardonnay (2009) aus der Winery „Newton“, gelegen im kalifornischen Napa County. Bekannt für seinen Merlot, haben inzwischen auch Cabernet und eben Chardonnay sich einen Spitzenplatz in der internationalen Wein-Szene erobert. Der goldgelbe Rebensaft besticht durch ausgewogenen Charakter mit Marmelade, Karamell und Feuerstein. Dank komplexer Struktur und präsenter Fülle braucht dieser Newton den Vergleich mit den besten Premier Cru Chablis nicht zu scheuen. Im Duett mit der Hummer Bisque spielt dieser Chardonnay seine Aromen-Stärke aus, wie Prats betont.
Prats_02Jean-Guillaume Prats: „So wird der ideale Wein gelesen“.
Weiter geht es mit dem 2011er „Cape Mentelle“. Ein Cabernet Sauvignon von den Weinbergen im äußersten Südwesten von West-Australien, wo der Margaret River in den Indischen Ozean fliesst. Der klassische Rebsorten-Charakter reflektiert den Stil des Gutes. Gleichzeitig ist eine starke regionale Ausprägung zu erkennen. Struktur und Fruchtintensität, die ein großes Lagerpotential-Versprechen. Im Bouquet füllige Fruchtaromen von schwarzen Johannisbeeren und Maulbeeren mit Noten von süßer Paprika, Lavendel, dunkler Schokolade und zarten Röstaromen und Vanille.
Ein idealer Begleiter zu geschmorten Ochsenbacken – und dies nach Burgunder Art, wie Prats mit einem charmanten Hinweis auf die ehemaligen Bordeaux-Konkurrenten bemerkt. Einen anschaulichen Exkurs über die Güte alter Reben startet der Präsident von Moët Hennessy Estates & Wines beim Dessert. Zum aromenstarken Schokoladen-Fondant wird der Tinta de Toro (2010) von „Numanthia“ geöffnet. Weinberge mit ungepfropften Reben, deren Rebstöcke über 120 Jahre alt sind, stehen für üppige Fruchtaromen der Rebsorte „Tinta de Toro“. Das Weingut Numanthia liegt bei Valdefinjas, einem kleinen Dorf in Toro. Die Erträge sind mit die niedrigsten weltweit – vergleichbar mit der spanischen Region Priorat: lediglich zwischen 2.000 und 3.000 Kilo pro Hektar.
Prats_06Karger Boden – Optimaler Wein: Numanthia. Foto: Moët Hennessy.
Beim Espresso gibt Jean-Guillaume Prats noch einen Ausblick auf die Zukunftsmärkte. So ist die Domaine Chandon China mit 66 Hektar ein Standbein in der autonomen Region Ningxia Hui. Hier im nördlichen China in der Nähe der Helan Mountains hat das Unternehmen die Produktionsstätte für einen heimischen Premium-Schaumwein nach der „méthode traditionnelle“ errichtet. Chandon verwendet die beiden traditionellen Champagner-Rebsorten Chardonnay und Pinot Noir. „Während China auch dem Weg ist, Premium-Stillweine zu produzieren, ist es in Indien dagegen noch ein weiter Weg“, bringt es Prats auf den Punkt. Noch gelten die Inder als Spirituosen-Konsumenten. Weintrinken ist weitgehend auf die gehobenen Bars, Hotels und Restaurants in den größten Städten beschränkt.
Dabei liegt der Fokus eher auf Schaumweinen, die aus der heimischen Produktion stammen. Hier wird Moët Hennessy mit eigenen Produkten versuchen, eine neue „Genuss-Kultur“ in Indien zu kreiern. Zum Abschluss seiner Deutschland-Stippvisite bringt der ehemalige Leistungssportler noch sein Erstaunen über das im internationalen Vergleich niedrige durchschnittliche Preis-Niveau beim Weineinkauf der Konsumenten hierzulande zum Ausdruck. A propos Konsument: Nicht nur einmal erwähnt Prats, dass er in seiner Ägide als Chef von Moët Hennessy Estates & Wines auf die Bedürfnisse der Weintrinker hören will. Und er hat auch gleich einen Tipp für die jüngeren Geniesser parat: Warum nicht einmal einen prächtigen d’Yquem zum Cocktail veredeln?
Fotos und Text: Klaus Feldkeller
DER AUTOR HAT TEXT UND FOTOS OHNE FINANZIELLE UNTERSTÜTZUNG DRITTER ERSTELLT. DAS GESPRÄCH MIT JEAN-GUILLAUME PRATS FAND AUF EINLADUNG VON MOET HENNESSY STATT.

 

 

 

 

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