WÜRZBURGER STEIN: EINE GROSSE LAGE

spit_01Was macht eine exzellente Lage aus? Sie ist das Filetstück im Weinberg: Optimale Wachstumsbedingungen, die über lange Zeit für beste Qualität in der Flasche sorgen. Am Beispiel der sogenannten „Grossen Lage“ Stein in Würzburg vergleicht der Master of Wine Janek Schumann Historie und moderne Wissenschaft. Sein Motto „Back to the Future“:

Würzburg_09Der „Stein“ erstreckt sich muschelförmig nördlich von Würzburg entlang des Mains und umfasst 85 Hektar. (2)
Für seine Fallstudie Back to the Future: Determination of Superior Parcels within a VDP.Große Lage through a Comparison of Historical Sources with Current Scientific Measures“ hat Janek Schumann tief in historischen Archiven gegraben. Dafür bot sich umfangreiches Material der fränkischen Einzellage an. Etwa die Ausführungen des Weinwissenschaftlers Johann Philipp Bronner (1792-1864), der sich mit den Besonderheiten der größten zusammenhängenden deutschen Einzellage befasste.
Außerdem war „Die Geschichte des Weinbaues in Würzburg im Mittelalter und in der Neuzeit bis 1800″ von Werner Lutz (1965) ein Bestandteil der akribischen Nachforschungen von Schumann, dem sächsischen Master of Wine, einem von aktuell acht in Deutschland. Der „Stein“ ist ein weingeschichtliches Monument. In dieser Steillage ist 1665 erstmals die Silvaner-Rebe  vom Ebracher Abt Alberich Degen gepflanzt worden. Im Jahr 1726 wurde der Steinwein des Bürgerspitals als Premiere in den seitdem für Franken typischen Bocksbeutel abgefüllt.Und schliesslich gibt es hier den ältesten Lagen-Wein der Welt, ein Steinwein aus dem Jahr 1540, von dem noch eine Flasche in Würzburger Bürgerspital erhalten ist.
spit_06Auf historischen Spuren: „Master of Wine“ Janek Schumann im Würzburger Juliusspital (1).
Als weitere Grundlagen seiner Analyse dienten dem Wein-Historiker erste Klassifikationen im Ratsbuch der Stadt Würzburg (1644). Auch damals schon ging es um den schnöden Mammon: Die Lagen wurden besteuert. Schon seinerzeit taucht der „Stein“ als Lage auf, wobei es weniger um die Qualität ging. Erst in späteren Klassifikationen (1834) spielte auch die Güte der angepflanzten Reben und der genaue Ort im Steilhang eine Rolle. Seit dem 19. Jahrhundert war es dann auch in der Praxis möglich, dank der Vermessungstechnik eine parzellenscharfe Abgrenzung vorzunehmen.
Quintessenz der „Back to the Future“-Untersuchung: heutige wissenschaftlichen Methoden, etwa das geografische Informationssystem (GIS), bestätigen die durch praktische Erfahrungen gwonnenen Einschätzungen der Einzellage „Stein“ seit dem 17. Jahrhundert. Durch die Arbeit von Janek Schumann ist es jetzt möglich, Weinbergslagen, die traditionell als hochwertig eingeschätzt werden, anhand von objektiven Kriterien zu beurteilen. Diese Analyse-Methode lässt sich auch auf Einstufungen von anderen Weinbergslagen wie solchen des Verbandes Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter VDP übertragen, um die Qualität zu untermauern. Sicherlich ein gutes Argument im Wettstreit um die Gunst der Kunden etwa im Vergleich mit französischen Edel-Winzern, die ihren Erfolg (und ihre ambitionierten Verkaufspreise) beim internationalen wie deutschen Publikum nicht zuletzt auf Grand Cru-Historie bauen. Zum Abschluss konnten sich die Teilnehmer bei einer Degustation von Riesling und Silvaner der Stein-Weingüter Glas für Glas von der sensorischen Exzellenz der Theorie überzeugen: VDP Weingut Juliusspital   VDP Staatlicher Weinkeller  VDP Weingut Bürgerspital zum Hl. Geist

spit_03Stellt das wissenschaftliche Ergebnis dem Fachpublikum vor: Janek Schumann (links) (2).
VDP Weingut Juliusspital VDP Staatlicher Weinkeller  – VDP Weingut Bürgerspital zum Hl. Geist bewirtschaften zu jeweils einem Drittel fast 95 Prozent der Rebfläche des „Steins“. Mit der Initiative „d3 Steinweingüter“ werden die Produkte der Würzburger Lage promotet.
Fotos: Stiftung Juliusspital (1) – Klaus Feldkeller (2) – Text: Klaus Feldkeller
DER AUTOR HAT DEN BEITRAG OHNE FINANZIELLE UNTERSTÜTZUNG DRITTER ERSTELLT. EINE EINLADUNG ZUR PRÄSENTATION ERFOLGTE DURCH DAS WEINGUT JULIUSSPITAL.

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