WEINJAHR 2022: VDP-PRODUZENTEN ZIEHEN BILANZ

Das Wein-Wirtschaftsjahr 2022 steht für den Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) ein Jahr mit zwei Seiten: viele positive Entwicklungen einerseits, aber auch Herausforderungen andererseits. Nach dem Pandemie-Schock mit geschlossener Gastronomie sowie eingebrochenem Exportgeschäft haben sich die Vertriebswege im Jahr 2022 deutlich normalisiert und weitestgehend erholt:

Man beurteilt die Zeit im Rückblick als „gut überstanden“. Die Winzerinnen und Winzer des VDP berichten von einer kontinuierlich steigenden Nachfrage nach „regionalen“ Weinen aus Deutschland, besonders Sekte partizipieren von dem Trend; ebenso der Fine-Wein-Bereich – trockene und fruchtsüße Weine der Klassifikationsstufe VDP.GROSSE LAGE® sind rar und gesucht. Doch gibt es auch anhaltende Folgen aus Pandemiezeiten sowie dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine: Lieferschwierigkeiten, wie beispielsweise für Glasflaschen, aber auch die enormen Kostensteigerungen in allen Bereichen der Weinproduktion, vom Kompost bis zur Spedition, oder auch Lohnkosten, machen den Weingütern zu schaffen. Ob des angespannten Marktumfeldes, können diese deutlichen Mehrkosten nicht über analog erhöhte Preise weitergegeben werden.
Jedoch wird eine Preisanpassung wie für andere landwirtschaftliche Erzeugnisse mittelfristig von Nöten sein, um die Betriebe nachhaltig und leistungsstark in die Zukunft führen zu können. Erschwerend kommt hinzu, dass Spitzenqualitäten viel Handarbeit erfordern und so etliche Mechanisierungsoptionen nicht möglich sind. Das Jahr 2022 war geprägt von einem Sommer mit vielen Sonnenstunden, aber zum Teil auch herausfordernden Witterungsumständen. Bereits jetzt zeigen die Weine des Jahres 2022 eine bemerkenswerte Vielschichtigkeit und Frucht, optimale Säurewerte und ausgeprägte Aromatik. Aufgrund des warmen Frühjahrs schritt die Rebenentwicklung in den Frühlingsmonaten sehr schnell voran. Warme Tage bereits im Mai führten dazu, dass das Wachstum der Laubwände und die Rebblüte rapide voranschritten.
Schnelles Arbeiten trotz Arbeitskräftemangel wurde zur Voraussetzung, um mit der wachsenden Natur Schritt halten zu können. Die andauernde Trockenheit in den Sommermonaten und der späte Regen im Herbst machten die Lese oft zu einem Wettlauf gegen die Zeit. Das richtige Timing im Weinberg ist ausschlaggebend, um die optimale Reife ohne Einbußen in der Qualität abpassen zu können. Dank der gewissenhaften Handarbeit und präzisen Selektion der erfahrenen Winzerinnen und Winzer konnte gesundes und reifes Traubenmaterial geerntet und verarbeitet werden. Nach den hinsichtlich der Menge eher schwächeren Jahrgängen der letzten vier Jahre, stand mit durchschnittlich 62 hl/ha im Jahr 2022 nach längerer Zeit erstmals wieder ein wenig mehr Weinmenge für die Vermarktung zur Verfügung – wenn auch dieses vermeintlich stärkere Ertragsniveau bei einem deutschlandweiten Durchschnitt von 90 hl/ha (Jahr 2022, Quelle DWV) aufgrund der qualitätsfördernden Ertragsregulierung noch immer deutlich geringer ist.
Die Wirtschaftsdaten der VDP.Weingüter werden immer im Frühjahr abgefragt und daraus Durchschnittswerte bzw. Hochrechnungen gebildet. Neben den Fragen nach Umsatz und Geschäftsentwicklung wurden dabei sowohl die Preistendenz der verschiedenen Stufen der VDP.Klassifikation, die Entwicklung des Exports, aber auch der unterschiedlichen Verkaufskanäle vom Fachhandel bis zum Direktverkauf erhoben. 73% der VDP.Weine wurden 2022 im Inland verkauft. Das entspricht gegenüber dem Vorjahr (79%) einem Rückgang des Inlandsanteils um 6% und damit einer deutlichen Steigerung oder besser Erholung des Exportanteils von 21% auf 27%. Zusätzlich konnten 40% der VDP.Weingüter im Inland mehr Wein absetzen. Dank ihrer Positionierung im Premiumbereich waren so die VDP.Weingüter weniger von der allgemein beschriebenen schwierigen Marktsituation und den damit verbundenen Konsumeinsparungen betroffen.
Der Ab-Hofverkauf ist für die Weingüter im VDP weiterhin sehr wichtig, wenn auch der Absatzanteil über diesen Weg je nach Betriebsausrichtung sehr unterschiedlich ausfällt – von 3 bis 80% Absatz ab Hof ist alles zu finden und liegt im Durchschnitt bei 30%. Fast die Hälfte der Weingüter konnten ihren Umsatz ab im Hof im vergangenen Jahr nochmals steigern (47%). Gastronomie und Fachhandel spielen für die Winzerinnen und Winzer des VDP schon immer eine wichtige Rolle, da sie wertvolle Multiplikatoren sind und mit ihrer Fachkompetenz Service und Beratung für die komplexen Weine ermöglichen. Hier sind stabile Absatzzahlen von 26% zu verzeichnen. Nicht gemessen werden kann der indirekte Absatz über den Fachhandel an die Gastronomie, so dass deren tatsächliche Bedeutung für die VDP.Weingüter noch höher einzustufen ist.
Für den Verkauf hochpreisiger Weine ist die Vermittlung von Terroir und Werten, aber auch das Storytelling im direkten Kundenkontakt äußerst wichtig. Jeder dritte Betrieb im VDP geht von steigenden Absätzen über den Fachhandel aus, auch wenn die Lage durch die Kostensteigerungen und die Vergleichbarkeit der Preise die Situation für den Fachhandel nicht immer einfach macht. Umso dankbarer ist die langfristige, partnerschaftliche Beziehung zwischen den Weingütern und dem Fachhandel, der sich bei den Winzerinnen und Winzern des VDP auf weitgehende Preisdisziplin einerseits sowie eine konstante Nachfrage der Weinliebhaber verlassen kann. Im Gegenzug wird erwartet, dass Preisempfehlungen auch verlässlich von allen Marktteilnehmern eingehalten werden.
Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) hat durch die Normalisierung des Außer-Haus Konsums im letzten Jahr Umsatzeinbußen bei Wein hinnehmen müssen. Dennoch ist es jedem vierten Betrieb gelungen, seinen Umsatz im LEH zu steigern. Insgesamt ist der Absatz der im LEH agierenden VDP.Weingüter um 1% auf 9% gesunken. Der Absatz über den Discount bleibt bei unter 1% weiterhin verschwindend gering. 4 von 5 Weingüter im VDP haben einen eigenen Webshop, über welchen sie 12% ihrer Weine absetzen. Viele Betriebe möchten in Zukunft den Absatz über ihren eigenen Onlineshop, über intensive Kundenansprache, Podcasts, Onlineverkostungen etc. fördern. 64% der VDP.Weingüter arbeiten mit externen Onlinehändlern zusammen und vermarkten über diese im Schnitt pro Weingut etwa ein Zehntel ihres Gesamtabsatzes.
Die zukünftige Rolle des Onlinehandels wird von den Weingütern sehr unterschiedlich eingeschätzt. Während jeder fünfte Betrieb von weiterem dynamischen Wachstum ausgeht, beobachtet die Mehrzahl nach der Pandemie eine Stagnation bis zu einem leichten Rückgang des Onlinehandels auf insgesamt höherem Niveau als vor Corona. Onlinehändler, die mit kreativem Storytelling und gutem Know How aktiv sind, werden auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Der Export hat im letzten Jahr deutlich an Absatzdynamik gewonnen. Mit 27% kehrt der Anteil der Weine, die sich großer Beliebtheit im Ausland erfreuen, zurück auf Vor-Pandemie-Zeiten und auf die exakten Zahlen des Jahres 2019. Jeder vierte VDP.Wein wird exportiert.
Ob der zunehmenden Bekanntheit und Profilierung der deutschen Spitzenweine im Ausland sowie der wirtschaftlichen Erholung vieler Auslandsmärkte nach Corona, ist für die kommenden Jahre von einer stärkeren Dynamik der Nachfrage nach Premiumweinen im Ausland auszugehen. Neben den sehr wichtigen trockenen Weinen erfreuen sich im Export auch die fruchtsüßen Prädikatsweine großer Beliebtheit. Der Anteil der klassischen Prädikatsweine von Kabinett bis Trockenbeerenauslese liegt im gesamtdeutschen Weinmarkt bei 5-6%. Innerhalb des VDP verzeichnen die frucht- und edelsüßen Prädikatsweine jedoch einen durchschnittlichen Anteil von etwa 10%. Dieser Wert ist darauf zurückzuführen, dass der Anteil der Prädikatsweine besonders an der Mosel (40%) sowie im Rheingau (15%) traditionell hoch ist, nachdem in diesen klimatisch prädestinierten Regionen einzigartige fruchtsüße Spitzenweine möglich sind.
Zu den wichtigsten Exportmärkten des VDP zählen Skandinavien, allen voran Dänemark und Norwegen, sowie die USA. Große Exportbedeutung haben auch die Niederlande, Belgien und die Schweiz. Im asiatischen Raum werden die Länder Japan, Südkorea, Singapur, Taiwan und Thailand dank gesteigerter Weinnachfrage als Chancenmärkte gesehen, während China seit dem Höhepunkt 2018 etwas rückläufig ist. Auch für Großbritannien werden nach jahrelanger Schwäche gute Chancen im Premiumbereich gesehen. Eine zukünftig höhere Bedeutung erwarten die VDP.Weingüter für ungewöhnliche Exportländer, wie Israel, Italien, Kanada und Mexiko. Aber auch die direkten östlichen Nachbarn Polen, Tschechien und die Slowakei werden als attraktive Auslandsmärkte eingeschätzt.
Das zeigt: Deutsche Terroirweine sind als “Cool Climate” Weine weltweit gesucht und gefragt; besonders weil sie dank ihres Herkunftscharakters, der bei den VDP.Weingütern im Mittelpunkt steht, einzigartig und nicht austauschbar sind. Die insgesamt wohl schwierige Marktentwicklung 2022 – Kaufkraftverluste und die Beschränkung auf die unbedingt notwendigen Produkte beim Lebensmitteleinkauf – scheint laut den jüngsten Erhebungen für die Weingüter des VDP nur bedingt zuzutreffen. Zum Vergleich: Laut der zuletzt veröffentlichten Zahlen (DWI) in Deutschland wurden über alle Einkaufsstätten hinweg rund zehn Prozent weniger Wein eingekauft, was zu einem Umsatzrückgang von 6,5 Prozent geführt hat.
Der Konsum günstiger Weine ist weit mehr von dem Absatzrückgang betroffen. Der Gesamtumsatz des VDP konnte nach den leichten Umsatzeinbußen des vorherigen Jahres auf rund 489 Millionen Euro steigen. Pro Betrieb entspricht das einem Umsatzvolumen von ca. 2,45 Millionen Euro. Betrachtet man ergänzend die Preisentwicklung der Weine im Vorjahresvergleich in den jeweiligen Klassifikationsstufen, wird deutlich, dass die Preise bislang nicht analog den Erzeugungskosten gestiegen sind. Nahezu in allen Stufen haben die Preise im Durchschnitt um maximal einen Euro zugelegt. Deshalb ist zu erwarten, dass viele Weingüter gezwungen sein werden, die Preise im Jahr 2023 nochmals anzupassen, um den Herausforderungen der Kostenentwicklung standhalten zu können.
Wir sind dankbar, dass auch in schwierigen Zeiten unsere handwerkliche Arbeit wertgeschätzt und unsere Terroir-geprägten Weine eine hohe Nachfrage erfahren. Die Einschränkungen, aber auch die klare Profilierung der letzten Jahre zahlen sich nun aus. Nichtsdestotrotz macht uns die gesamtwirtschaftliche Situation, gerade auch im gesamten deutschen Weinbau Sorgen. Da stehen enorm gestiegene Material- und Lohnkosten sowie sich immer mehr verschärfende Vorgaben Märkten gegenüber, in denen die Kaufkraft der Gesamtbevölkerung sinkt.
Wir sind umso mehr überzeugt, dass hochwertige Herkunftsweine aus unseren Weinkulturlandschaften einen großen Erfolg haben und sich jeder Austauschbarkeit entziehen” so Steffen Christmann, Präsident des VDP.
Kontakt: VDP.Die Prädikatsweingüter – Pauline Apell – .apell@vdp.de

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