Es gibt viele Möglichkeiten, Weine als „Underdogs“ auch auf der Düsseldorfer Fachmesse ProWein vom 18.-20.März 2018 einzuordnen – aufgrund ihrer Anbauregion, ihres Namens oder des Bouquets – aber die wichtigste Voraussetzung für einen echten „Underdog“ ist es natürlich unterschätzt zu werden:[grey_box] Um ein wahrer „Underdog“ zu sein, muss eine Rebsorte aber das Zeug dazu haben, groß herauszukommen etwa Pelaverga, Pais oder Poulsard. Eine echter „Underdog“ ist dagegen der Zinfandel, so sehr sein Image auch das „White Zinfandel-Phänomen“ gelitten haben mag. Man bedenke, dass Zinfandel heute die am dritthäufigsten angebaute Rotweinrebe in Kalifornien ist und trotzdem entfällt der größte Teil dieser Anbaufläche auf die Herstellung von sogenannten „Blush“ Weinen, besonders blassen Rosés. Dieser Wein wird von einem breiten Publikum verkannt, ist schlecht auf dem Markt vertreten und hat dennoch das Potential für einen größeren Marktanteil. Wenn nur die Meinungsmacher dieser Welt vergessen würden, was sie von Zinfandel „wissen“ und ihn stattdessen breit verkosten würden – von den verschiedenen Lagen in Kalifornien, die alle so spezifisch schmecken, über die Primitivos von Puglia bis zum Tribidrag aus Kroatien. Zinfandel ist die einzige erfolgreiche Rotwein-Rebsorte, die der Demütigung ausgesetzt ist, hauptsächlich für die Herstellung von Blush Wines genutzt zu werden.[/grey_box][grey_box]Die Rebflächen, die für die Herstellung dieser Weine genutzt werden, erbringen vielleicht keine großartigen Rotweine, aber die Weinberge, die tatsächlich die besten Protagonisten für Zinfandel produzieren, leiden auch unter dem Ruf der Rebsorte. Allein schon diese Herabwürdigung verweist den „Zin“ ganz eindeutig in die Kategorie Underdog. Diese traurige Tatsache ist aber nicht der einzige Grund dafür, dass Zinfandel nur beschränkt attraktiv ist. Dazu kommt auch die Vielfacht der Bezeichnungen, unter denen Zinfandel gehandelt wird. Neben seiner amerikanischen Variante gibt es da auch noch den Primitivo in Italien und den Crljenak Kaštelanski bzw. Tribidrag in Kroatien – vielleicht die größten Außenseiter der Zinfandel-Familie. [/grey_box][grey_box]Für so einen großartigen Wein – und manche behaupten, dass Zinfandel Kalifornien’s größter Rotwein sei – war der internationale Markt (und das ist die schlichte Wahrheit) nicht besonders empfänglich. Die Gründe für diese eher bescheidene internationale Präsenz sind mannigfaltig: hoher Alkoholgehalt, starke Fruchtigkeit und eine leichte Süße, obwohl keines dieser Attribute nur dem Zinfandel zu Eigen ist und sich in dieser Kombination generell eigentlich als Vorteil erwiesen hat. Etwas anderes, viel grundlegenderes hat den Zinfandel „ausgebremst“; Und doch ist ihm breite Zustimmung sicher, wenn man ihn noch einmal ganz vorurteilsfrei verkostet und die Vielfältigkeit im Ausdruck und das Preisleistungsverhältnis dieser Weine berücksichtigt. Begriffsverwirrung herrscht nicht nur beim Zinfandel.[/grey_box][grey_box] Beim Carmenere verdammte eine Verwechslung die Rebsorte bis vor kurzem zu einem relativen Schattendasein. Als „früher“ Merlot in Chile bekannt und als „Cabernet Franc” in Norditalien, hat der Carmenere über mehr als ein Jahrhundert im Schatten seiner berühmteren Brüder aus Bordeaux gestanden. Ampelographische Untersuchen über die letzten 30 Jahre haben die wahre Identität des Carmenere enthüllt und erklären auch den einzigartigen Charakter der Weine, die dort produziert werden, wo sie auch angebaut werden. Während man sie früher lediglich als verwilderte, „rustikale Clone“ von Merlot bzw. Cabernet Franc betrachtete, kommt diese leichter ausgebaute Bordeaux-Sorte jetzt endlich zu ihrem Recht. [/grey_box]
[grey_box]Denn heute werden Weine hergestellt, die an vergangene Zeiten erinnern, weniger tanninhaltig, leichter und mit komplexer Kräuternote, die den Charakter roter Früchte noch verstärkt. Der Zeitpunkt ist also perfekt für ein Carmenere-Comeback – denn einerseits geht der Publikumsgeschmack hin zu differenzierten Weinen und andererseits tendieren die Bordeaux-Cuvees eher zu einem fruchtbetonten Ausdruck als zu der klassischen Palette von Kräuter-, Frucht- und Erdtönen, die den Bordeaux seit jeher ausmachen. Meist mit Chile assoziiert, bleibt der Carmenere vergleichsweise unbedeutend in Frankreich, wo er als Bordeaux-Verwandter gerade eine Renaissance erlebt und vor allem in den nordöstlichen Regionen Italiens häufig angebaut wird. Bei einer so kurzen Erfolgsgeschichte überrascht es nicht, dass er nicht bekannter ist; doch wo immer sie angebaut wird, hat diese Rebsorte bewiesen, dass sie faszinierend markante Weine hervorbringen kann[/grey_box][grey_box]Vielleicht ein Underdog an der Schwelle zum Ruhm? Während der Zweigelt die österreichische Weinwelt als am häufigsten im Land angebaute rote Rebsorte erobert hat, hinkt seine internationale Beliebtheit hinterher. Jetzt findet diese Rebsorte aber einen neuen Markt bei jüngeren Weintrinkern; mittelschwer, frisch und würzig selbst bei wärmeren Jahrgängen, ist der Zweigelt ein Wein für jeden Tag, der sich bei seiner Ausbreitung in Mitteleuropa im gehobenen Markt bewegt. Anbaugebiete finden sich mittlerweile in der Tschechischen Republik, Ungarn, weiten Teilen der Slowakei und in den jüngsten Anbaugebieten von Belgien und Polen. Es gibt sogar schon die ersten „Brückenköpfe“ in der neuen Welt mit ganz neuen Weinbergen in Washington State und Australien. Der leichte Anbau und die konstanten Erträge dank später Blüte und früher Reife gereichen Zweigelt zum Vorteil und so gewinnt dieser Wein langsam weltweit Fans.[/grey_box][grey_box] Zweigelt ist die wahrscheinlich unsichtbarste unter den Rotweinsortenreben, aber mit dem größten Potential, ein erfolgreicherer Rebsortenwein zu werden. Denn Zweigelt ist ein leicht „verständlicher Genuss“ und zudem leicht anzubauen und somit perfekt für viele Anbaugebiete, die gerade selbst eine Flaute erlebt haben, oder Regionen, die durch den Klimawandel keine Randgebiete mehr sind. Der Vorteil, der Zweigelt in Zukunft groß machen wird, liegt darin, dass er sich als Flaggschiff-Rebsorte für zahlreiche, wenn auch kleine Regionen eignet. Aber ihr Ruhm bestimmt den Ruhm und die Zukunft des Zweigelt. Das einzige wirkliche Hindernis ist die fehlende Bekanntheit. Diese fehlende Sichtbarkeit, die die Präsenz so vieler Weine auf dem Markt bestimmt, hat natürlich vor allem logistische Gründe.[/grey_box][grey_box] Weinprofis, die „Wächter“ der Weinwelt, müssen bei den besten Pinot Noir, Cabernet, Sauvignon Blanc und Chardonnay-Weinen auf dem Laufenden bleiben und diskutieren deshalb andere Rebsorten nur am Rande. Wenn man nicht in der Lage ist, eine Rebsorte umfangreich zu verkosten, dann steckt man sie leicht in eine Schublade und verdammt diese Sorten so zu einem Schattendasein. Deshalb sind breit angelegte Verkostungen so wichtig. So beschränkt und kostspielig die Möglichkeiten dazu auch oft sind, so unerlässlich sind sie. Ein idealer Ort für eine breite Verkostung, um neue und Außenseiter-Weine zu entdecken, ist die ProWein, die Weltleitmesse für Wein und Spirituosen, die jeden März in Düsseldorf, Deutschland, stattfindet (18. – 20. März 2018). [/grey_box][grey_box] Auf dieser reinen Fachveranstaltung werden Geschäfte gemacht. In 10 Hallen versammelt die ProWein über 6.600 Hersteller aus praktisch allen weinproduzierenden Nationen der Welt und bietet damit die seltene Gelegenheit zu extensiven und effizienten Verkostungen. Hier ist es einfach, Zinfandel aus Kalifornien, Kroatien und Italien oder Zweigelt aus Österreich, Tschechien oder anderen aufstrebenden Anbaugebieten zu probieren und vergleichen, um diese oft missverstandenen Sorten besser zu verstehen. Neben den „Weinkreationen“ der Aussteller bietet die ProWein auch ein umfangreiches Begleitprogramm mit über 500 Verkostungen und Seminaren, das ProWein Forum, die Champagne Lounge, die fizzz craft lounge und die Verkostungszone der preisgekrönten Weine von Mundus Vini.[/grey_box][grey_box]Das ist die Zukunft nicht nur für diese „Underdog“ -Sorten, sondern auch für die Weinbranche. Indem wir unser Wissen und damit unser Angebot erweitern, können wir eine sachkundigere Kundschaft aufbauen. Eine Kundschaft, die sich auch außerhalb ihrer Komfortzone wohler fühlt und bereiter ist, die „Underdogs“ von heute zu unterstützen und die von Morgen zu entdecken.[/grey_box][grey_box]Fotos: ProWein Düsseldorf/Constanze Tillmann[/grey_box][dark_box]LESEN SIE AUCH: WELTWEIT GRÖSSTES WEIN-MUSEUM IN BORDEAUX[/dark_box]