Brasilianischer Wein: Ein unterschätztes Potenzial

Obwohl brasilianische Weine hierzulande kaum bekannt sind, lohnt sich eine genauere Betrachtung. Das südamerikanische Land setzt vor allem auf Schaumweine und hat sich damit ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen.

Im Gegensatz zu den typischen fruchtbetonten Neue-Welt-Weinen, die in Brasilien angebaut werden, zeichnen sich die dortigen Schaumweine durch hohe Qualität aus: Dank innovativer Anbaumethoden im subtropischen Klima produziert Brasilien Weine mit überraschend hohem Qualitätsniveau, obwohl die Anbaufläche mit rund 80.000 Hektar vergleichsweise klein ist. Die Fläche ist sogar kleiner als in Deutschland, wobei ein Teil der Flächen auch für Traubensaft genutzt wird.

Der Markt wächst jedoch dynamisch: Laut der internationalen Beratungsfirma Wine Intelligence hat sich die Zahl der Weintrinker in Brasilien zwischen 2010 und 2021 mehr als verdoppelt. Mittlerweile trinkt mehr als jeder dritte Brasilianer regelmäßig Wein, mit einem Durchschnittskonsum von 2,6 Litern pro Person jährlich – deutlich weniger als in Deutschland, wo der Durchschnitt bei etwa 20 Litern liegt.

Das Zentrum des brasilianischen Weinbaus bildet das Vale dos Vinhedos in der Serra Gaucha, im Bundesstaat Rio Grande do Sul. Hier findet die Weinlese zwischen Januar und März statt. Die Region ist bekannt für ihre Schaumweine, die nach verschiedenen Methoden hergestellt werden, darunter die traditionelle Flaschengärung ähnlich wie bei Champagner sowie das Tankgärverfahren (Méthode Charmat), das bei Prosecco üblich ist.

Mauricio Roloff (Foto), Weiterbildungsdirektor der brasilianischen Sommelier-Vereinigung, berichtet bei der Düsseldorfer Messe ProWein davon, dass Weingüter auch Schaumweine verkaufen, die länger als üblich im Drucktank bleiben, sogenanntes Long Charmat.

Viele Weingüter, wie Casa Valduga und Salton, haben sich auf hochwertige Schaumweine spezialisiert. Casa Valduga nutzt etwa die Hälfte seiner 230 Hektar Reben für die Schaumweinproduktion, während Salton mit rund 15 Millionen Flaschen jährlich zu den größten Kellereien Brasiliens zählt.

Trotz der Herausforderungen eines subtropischen Klimas, das oft zu niedriger Weinqualität führt, setzen Winzer auf innovative Rebsorten und Erntemethoden. Durch die Verschiebung der Lesezeit auf Juni und den Einsatz neuer Rebsorten wie Sauvignon Blanc gelingt es, komplexere Weine zu produzieren. Die hohen Temperaturunterschiede und längere Reifezeiten tragen ebenfalls dazu bei.

In Brasilien dominieren vor allem Schaumweine, doch das Land hat das Potenzial, auch bei stillen Weinen eine bedeutende Rolle zu spielen – eine Entwicklung, die auch den deutschen Markt künftig bereichern könnte.

TextFotos: Klaus Feldkeller – LESEN SIE AUCH: WELTWEIT GRÖSSTES WEIN-MUSEUM IN BORDEAUX