Pro-Wein 2012. Erster Besuch auf der Düsseldorfer Leistungsschau. Im Schlendergang durch die Hallen, vorbei an zahllosen Ständen. Zufälliger Stop bei einem Winzer aus den italienischen Marken. Marco Cavalieri aus Moresco. Die Region und die Weine sind mir überhaupt kein Begriff. Zwei Jahre später stehe ich auf dem Gut „Le Corti dei Farfensi“.
September 2014 im Süden der Region Marken. In der kleinen Gemeinde Moresco im Piceno, auf der linken Seite des Aso-Tals. Entlang seines Flusslaufes, von der Quelle im Herzen der
Gebirgskette Monti Sibillini bis hin zu den Stränden der Orte Altidona, Pedaso und Campofilone an der Adriaküste, umfliesst der Aso zahlreiche Hügel. Hier finden sich Wälder – ebenso malerische Dörfer mit aufsteigenden Wehrtürmen, Glockentürmen und erhabenen Weinbergen. Das Weingut in Moresco in der
Region Fermo trägt den Namen der Farfenser Mönche –
Le Corti dei Farfensi– die sich im Jahre 890 hier ansiedelten und die Gegend maßgeblich geprägt haben, nachdem die Sarazenen ihr ehemaliges Kloster, das im Latium lag, erobert hatten. Auf dem ehemals zum Kloster gehörenden Gelände befinden sich heute die Wein-Berge: „Folgerichtig, dass wir in unserem Logo einen
Mönch zeigen, der sich bückt, um Weintrauben zu ernten und sie dabei zu streicheln scheint. Es ist das gleiche Gefühl, mit dem wir uns noch heute um unsere Weinberge und unsere Trauben kümmern“, so Marco Cavaliere, der sich zusammen mit Ehefrau Antonella und Sohn Francesco Mari um die Geschicke des Familien-Betriebes kümmert.
Typische Hügel-Wein-Landschaft in den Marken.Herausragendes Exemplar der Vinifizierung ist der
„Abate Pietro“. Namensgeber ist der Abt, der die Mönche nach ihrer Flucht aus dem Ursprungs Kloster in die Marken führte. Ein edler Roter. 70 Prozent Montepulciano. 30 Prozent Syrah. Von tief-rubinroter Farbe, der Duft intensiv und komplex, reich an
Gewürz- und Blumennoten. Dazu kommt ein Bukett aus reifen roten Früchten, Graphit und Schokolade. Warm am Gaumen, anfangs weich, unterstützt von einer ausgeglichenen Säure und einem eleganten und starken Gehalt an
weichen, süßen und einhüllenden Tanninen. Dies bei 14 Prozent Alkohol. Passt gut zu gegrilltem Fleisch, Schmorbraten, Wildbret, große Nudelteller mit Fleischsauce (z.B. Pappardelle mit Wildschwein), Speisen mit schwarzen Trüffeln – außerdem zu geschmortem Kleinwild und zu gereiften Hartkäsesorten. Ein
IGT-Wein der besten Klasse. Danach der Klassiker aus den Marken, der hierzulande relativ unbekannten Nachbarregion von Umbrien und Toskana. Rosso Piceno. Hier S. Joseph, der Schutzheilige der Azienda Corti dei Farfensi. Ein Superiore. Je zur Hälfte
Montepulciano und
Sangiovese. Rubinrot, intensiv, mit leichten Granatreflexen. Die Nase sauber, elegant, reich an ätherischen Düften mit Noten von Anis und
reifen Waldbeeren in Kombination mit Kaffee- und Tabaknoten. Warm am Gaumen mit weichen lang anhaltenden Tanninen. Alkoholgehalt: 13,5 Prozent. Ideal zu Aufschnitt, Schweinefleisch und rotem Fleisch gegrillt, Nudelspeisen mit Tomatensauce, Braten und gereiftem Ziegenkäse.
Marco Cavalieri, der auf internationalen Messen, so 2015 in Boston, für seine Weine wirbt, ist auch ein gefragter
„Winemaker“, der andere Winzer berät. Auch in Deutschland ist er unterwegs, um auf Regional-Börsen Zugang zu Fachhändlern und örtlicher Gastronomie zu bekommen.
Auch Weissweine wie Pecorino und Passerina in Mönchs-Tradition.Abschluß der kleinen Degustation auf der Terrasse vor malerischer Weinbergs-Kulisse. Zum Probieren gibt es
„Vino Cotto“, gekochter Most. Cavalieri beschreibt die Herstellung der regionalen Spezialität: „Direkt nach der Pressung wird der Most in großen Kupferkesseln über einem Feuer mit Eichenholz erhitzt. Um ein
Oxidieren zu vermeiden, wird ein Stück Eisen hinzugeben. Regelmäßig wird der sich auf der Oberfläche bildende Schaumteppich aus
Eiweiß-Partikeln und eventuellen kleinen Verunreinigungen, der sich durch die hohen Temperaturen bildet, abgeschöpft. Erst wenn ein Drittel der Flüssigkeit verdampft ist, lässt man den Most abkühlen und füllt ihn in große Eichenfässer ab. Ein Jahr später wird er schließlich in kleinere Eichenfässer abgefüllt, in denen er nochmals für weitere
5 Jahre ruhen muss. Nur einmal im Jahr wird diese Ruhe unterbrochen, um frischen Most nachzugießen. Wer sich so mindestens 6 Jahre in Geduld geübt hat, wird schließlich mit einem gehaltvollen Vino Cotto mit einem
Alkoholgehalt von 12 – 14 Prozent, der zart nach Karamell und Früchten wie Feigen, Pflaumen und Kirschen duftet, belohnt.“ Der Vino cotto mit Markennamen Carenum ist nicht nur als Digestif beliebt, sondern hat auch seit Jahrtausenden einen festen Platz in der Küche der Marken. Zu Süßspeisen wie trockenem Gebäck, Tartes, dunkler Schokolade oder Speiseeis kann der Cotto genossen werden. Ein ähnliches Produkt ist der
„Sapa“, eingekochter Most, der sehr gut zu Eis und Käse mundet.
Ernte für „Abate Pietro“ auf dem Weingut in den südlichen Marken.Dem biologischen Anbau fühlt sich Cavalieri verpflichtet und ergänzt: „Wir haben auch eine kombinierte Anbauform (Kordon/Guyot) mit einer Bestockungsdichte von
5.000 bis 6.000 Pflanzen pro Hektar gewählt. Die sorgsame Pflege des Weinberges mit dem Grünschnitt und das manuelle Ausdünnen der Trauben führt zu einem geringeren Ertrag und einer gleichmäßigen Reifung der Reben. Um ein Verletzen der Trauben zu vermeiden, erfolgt die Ernte ausschließlich von Hand in kleinen Körben.“ Die angebauten Reben Sangiovese, Montepulciano sowie die weißen Sorten
Pecorino und
Passerina werden auf jahrhundertealter Erfahrung im Weinanbau aufbauend neu interpretiert. Die Farfensi-Äbte haben in den Marken eine lange Tradition. Marco Cavalieri ist einer von ihnen. Ein weltlicher Mönch in den Weinbergen von Moresco.
Neben Wein wird auch Olivenöl in Moresco produziert.DER AUTOR HAT TEXT UND FOTOS OHNE FINANZIELLE UNTERSTÜTZUNG DRITTER ERSTELLT.