Côte d’Azur. Französisches Küsten-Flair. Weit weg von Weinbergen. Sollte man meinen. Stimmt aber nicht. Über den Dächern von Nizza thront die die kleine Appellation Bellet (AOP). Mit eigenständigen Rebsorten wie Rolle, Braquet und Folle Noire – der verrückten „Schwarzen Traube„.
Erst Bauunternehmer, dann Winzer: Bernard Nicoletti (Domaine de Toasc).
10 Winzer arbeiten in diesem sehr alten Weinanbaugebiet, dessen Anfänge sehr wahrscheinlich zurückgehen in die Zeit der Phönizier. Die Weine des Bellet sind aussergewöhnlich unter den Tropfen des Midi. Sie haben seit 1941 eine Ursprungsbezeichnung – eine der ältesten im Land – außerdem ist es die einzige städtische Appellation Frankreichs, die sich auf dem Gebiet der Kommune von Nizza befindet. Bei Bellet handelt es sich um eine sehr kleine Appellation. Hier werden die fruchtigsten und frischesten Weine der Provence hergestellt. Aber mit 1.200 Hektolitern auch eine der geringsten Produktionsmengen.
Tradition oberhalb von Nizza: Domaine de Toasc.
Das Mikroklima schafft hier ganz besondere Verhältnisse – die Meereswinde sorgen für eine Abkühlung am Tag und in der Nacht kommen von den Voralpenkalte Winde herunter. Diese Lage sorgt bei den Bellet-Weinen für eine außerordentliche Frische und Spritzigkeit. Dazu kommt ein einzigartiger silico-kalkreicher Boden mit „piocene“ und „poudingue“ Steinen, voll mit Fossilen aus Zeiten, als das Meer diese Gegend noch überschwemmte. Der Weinanbau wird auf traditionelle Art gemacht, unter natürlichem Unkrautwuchs, es wird nur mit organischen Düngemitteln gearbeitet, die Schädlingsbekämpfung ist umweltfreundlich, weder Unkraut- noch Insektenbekämpfungsmittel werden benutzt. Die Lese findet hier erst sehr spät (Mitte Oktober) statt. Die Reben werden per Hand verlesen.
Volle Rebenpracht im Bellet: Follet noir.
Die AOC Bellet ist in der französischen Gastronomie so beliebt, dass bei der kleinen Jahresproduktion von Rot-und Weißwein und Rosé nahezu keiner dieser seltenen Weine das Land verlässt. Viele halten gerade die Rotweine und Rosés für die besten der Côte d’Azur. Die Rotweine präsentieren sich in der Regel rustikal mit reichem Bukett und frischer Frucht. Die Roséweine sind trocken, sehr frisch und haben eine abgestimmte Blume. Die Weißweine schließlich sind sehr trocken, mit Fülle und Klasse, aromatisch und stark duftend mit Komplexität und Finesse. Während die Rotweine 5-8 Jahre gelagert werden können, sollten die Weißweine jung getrunken werden, damit die spezielle Frucht nicht verloren geht.
Kathleen Moreau im Toasc-Keller.
Bernard Nicoletti vom Weingut „Domaine de Toasc“ keltert nicht nur ausgezeichneten Wein, sondern er fördert auch die lokale Kunstszene in Nizza. „Mitte des 19. Jahrhunderts waren es hier über 3.000 Familien, die ihren Wein auf über 1.000 Hektar anbauten,“ erzählt uns Nicoletti. „Durch Grundstücksspekulanten verkleinerte sich das Weinanbaugebiet Bellet jedoch auf lediglich 60 Hektar.“ Klein, aber eben sehr fein.
DER AUTOR HAT TEXT UND FOTOS OHNE FINANZIELLE UNTERSTÜTZUNG DRITTER ERSTELLT.