WEIN RADIKAL ANDERS GEDACHT: K&U HAUSMESSE NÜRNBERG

„Wein radikal anders“ – so lautet das Motto der Nürnberger Weinhandlung K&U: „Wir handeln nicht nur anders mit Wein, wir denken ihn auch anders. Deshalb präsentieren wir unsere Winzer und deren Weine anders als andere.“ Erfahren konnten die Besucher dies bei der alljährlichen Hausmesse:

Über 70 Winzer aus aller Welt kamen in die fränkische Metropole ins Ofenwerk. Der kalifornische Ausnahmewinzer Jim Clendenen von Au Bon Climat war auch wieder dabei. Viele Individualisten aus Italien, Spanien, Frankreich, Österreich und Deutschland präsentierten ihre naturnah angebauten Weine. Für K&U-Inhaber Martin Kössler stehen diese Winzer für den Kampf gegen den ansonsten vorherrschenden Teufelskreis im Mainstream-Weinbau: „Diesen Krieg der Chemie gegen die Natur kompensiert die moderne Önologie mit diversen Hefe-Nährstoffen, sie macht selbst vergammelte Trauben noch zu Wein mittels aufwendiger Schönungspräparate, sorgt für sicheren und schnellen Gärverlauf mit Reinzuchthefen und Enzymen, korrigiert falsche Arbeit im Weinberg durch Auf- und Entsäuerung und garantiert mit zahllosen, nicht zu deklarierenden Hilfsmitteln dem Winzer, dass sein Wein so schmeckt, wie es die Kundschaft erwartet. An seinen Böden ist dieser Weinbau nicht interessiert.“
Gut besucht: Winzerstände im Nürnberger Ofenwerk.
Den Winzern, die den Boden ihrer Weinberge lebendig halten, charaktervollere Weine bereiten, die nach mehr schmecken als dem üblichen Klischee, waren im vergangenen Hausmesse-Jahr das Motto „Drecksarbeit“ gewidmet.  Martin Koessler: „Im Weinhandel wird dem Boden und dessen Bearbeitung und Beschaffenheit kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei ist er es, dem die Winzer einen Großteil ihrer Arbeit widmen. Ohne lebendigen Boden hat Wein keinen Charakter. Ohne lebendige Böden kann Wein nur Technik, Industrie und moderner Önologie vertrauen. Deshalb wird der lebendige Boden in den Mittelpunkt der Arbeit gestellt.“  Erlebt und erschmeckt konnte man dies bei knorrigen, frohgemuten, außergewöhnlichen und leidenschaftlichen Winzerinnen und Winzer.
Jim Clendenen, Stargast und Starwinzer aus Kalifornien, schenkte seine Weine vom Gut „Au bon climat“ aus.
Unter dem Motto „Wein ganz anders erleben“ stellten nicht nur die Gast-Winzer aus neun Ländern das große Spektrum handwerklichen Weins vom einfachen Schoppen bis zum exklusiven Kultwein zur Probe. Vielmehr bot ein umfangreiches Begleitprogramm aus kommentierten Wein-Verkostungstouren und kurzen Seminaren viel Interessantes und Wissenswertes um den Rebensaft. „Wir wollen Wein aus der elitären Ecke holen und seine spannende Kultur und Vielfalt ohne Fachchinesisch vermitteln“, erklärt Dunja Ulbricht, Mitgründerin der „K&U Weinhalle“.
Bunte Vielfalt bei der K&U-Hausmesse.
Sehr viele Winzer haben sich den „Langsamen Weinen“ verschrieben und gehen konsequent und mutig ihre eigenen Wege in der Weinproduktion. Ohne Rücksicht darauf, wonach der Markt schreit und was vom Markt gefordert wird. Auf dieser Messe wurden keine Weine präsentiert, die dem Weinfreund jenem von der Industrie und des Marketings propagierten Verständnis und Geschmacksbild entsprechen. Hier wurden Weine vorgestellt, die so anders, so eigenständig und so unverwechselbar sind, dass sogar dem absoluten Laien es möglich ist, nämlich jene Weine die er bereits getrunken hat, zu einem späteren Zeitpunkt auch wieder zu erkennen. Diese Weine sind Persönlichkeiten, werden nicht millionenfach produziert und sind auch nicht immer und überall zu jeder Zeit erhältlich.
Winzer Martin Muthenthaler präsentierte seine Gewächse aus der Wachau.
Alljährlich kommen rund 2.000 Besucher aus ganz Deutschland zur K&U Hausmesse ins Nürnberger Ofenwerk. „Reben gelten unter den Nutzpflanzen als besonders harte Kerle“, so Kössler „seit jeher pflanzt man sie da, wo nichts anderes wachsen will, weil der Boden zu karg, zu trocken, zu steinig oder zu steil ist. Große Weine, die ihre einzigartige Herkunft schmecken lassen, kommen auch heute aus solchen Lagen. Die oft alten Rebstöcke kämpfen sich durch Sand, Kies und Schotter, wurzeln viele Meter tief in Spalten und Klüften des anstehenden Felsens, was ihren Trauben im besten Fall eine merkliche Prägung durch Kalkstein, Schiefer oder Granit verleiht.“ Kössler fährt fort: „Doch auch der knorrigste Rebstock lebt nicht nur von Luft, Licht und Stein. Für das Wachstum von Ästen, Blättern und Früchten braucht er Wasser und Nährstoffe. Die findet er in dem auch ‚Muttererde‘ genannten Humus, dem Stoffwechselprodukt abertausende kleiner und kleinster Organismen (etwa der Regenwurm), der mal die oberste Bodenschicht im Weinberg bildet, mal unter oder zwischen verwittertem Gestein liegt.
Auch Oldtimer-Liebhaber kamen bei der Hausmesse auf ihre Kosten.
Deshalb beginnen unsere Besuche auf Weingütern – mit Gummistiefeln und Spaten ausgerüstet – stets im Weinberg. Beim Blick unter seine Reben offenbart sich die Philosophie, die Denkweise, die Ethik eines Winzers unmissverständlich. Ob er die Natur als Freund oder Feind wahrnimmt, ob er seine Böden lebendig erhält oder auf die Segnungen der Agrarchemie vertraut, ob die „Drecks-Arbeit“ von Hand oder von Maschinen gemacht wird, ob er mutig Neues wagt oder simplen Rezepten folgt, ob er Qualität oder Quantität sucht. Rebstöcke und Böden sprechen eine deutliche Sprache.“ Der 1982 gegründete Wein-Importeur hatte seine letztjährige Jubiläumsveranstaltung dem Thema „DRECKs-Arbeit“ gewidmet, um die Bedeutung des Bodens für guten Wein zu unterstreichen. „Gute Weine brauchen gesunde Trauben, und die kommen nur von lebendigen Böden“, betont Ulbricht.
Fotos: – Text: Klaus Feldkeller

   Sende Artikel als PDF   

Kommentare sind geschlossen.