Die DOCa Rioja steht vor einem Wendepunkt. Zum Start der Ernte 2025 setzt der Consejo Regulador nicht nur auf härtere Eingriffe ins Ertragsmanagement, sondern auch auf einen personellen Neuanfang: Am 1. September übernimmt Pablo Franco als erster Direktor die Verantwortung für das Kontrollgremium. Gleichzeitig wagen die Verantwortlichen ein bislang undenkbares Experiment – die Zulassung von Rotweinen aus Trauben mit reduziertem Alkoholpotenzial. Gemeinsam könnten diese Schritte den Charakter der Appellation in den kommenden Jahren spürbar prägen.
Konsequente Mengenpolitik
Die jüngsten Beschlüsse zur Ertragsbegrenzung in den Zonen Rioja Alta und Rioja Alavesa sind mehr als ein technisches Detail. Nach den Erfahrungen mit Wetterextremen und massivem Mehltaubefall will der Regulierungsrat die Diskrepanz zwischen genehmigten Flächenpotenzialen und tatsächlicher Traubenmenge enger justieren. „Es geht darum, Qualität vor Menge zu stellen – gerade in einem Jahrgang mit reduziertem Volumen“, heißt es aus Ratskreisen.
Mit der Obergrenze von 5.850 kg/ha sendet Rioja auch ein Signal an den Markt. Während andere Regionen bei geringer Ernte teils auf Lockerungen setzen, geht Spaniens Vorzeigeregion bewusst den Weg der Verknappung. Beobachter erwarten, dass dies mittelfristig preisstabilisierend wirkt – eine Botschaft, die sowohl die heimische Vermarktung als auch die internationalen Märkte aufmerksam registrieren dürften.
Neuer Mann an der Spitze
Mit Spannung blickt die Branche zudem auf den Amtsantritt von Pablo Franco. Als langjähriger technischer Leiter des Rats genießt er in der Region hohes Vertrauen. Nun wird er in der Rolle des Direktors erstmals über strategische Weichenstellungen entscheiden. Insider erwarten, dass er die Balance zwischen strengem Reglement und Innovationsbereitschaft stärker in den Vordergrund stellen wird. Franco gilt als Vertreter einer „kontrollierten Öffnung“, der auf Zukunftsfähigkeit durch Forschung und Technologie setzt – ohne den Markenkern der Rioja infrage zu stellen.
Ein Tabubruch mit Signalwirkung
Als zukunftsweisend wird auch die Entscheidung gesehen, erstmals Trauben mit geringerem Alkoholgehalt zuzulassen. Offiziell handelt es sich noch um ein Pilotprojekt – faktisch aber geht es um die Vorbereitung auf den Klimawandel und die Nachfrage nach leichteren, frischeren Weinstilen. „Rioja will nicht warten, bis der Markt oder das Klima uns dazu zwingt. Wir wollen die Entwicklung aktiv gestalten“, äußerte ein Verbandsvertreter.
Internationale Analysten sehen darin einen mutigen Tabubruch. Rioja, traditionell bekannt für kräftige, strukturierte Rotweine, könnte sich mittelfristig stärker diversifizieren. Diese Option dürfte vor allem Märkte wie Nordeuropa oder die USA ansprechen, wo alkoholärmere Weine zunehmend Akzeptanz finden.
Zwischen Marktlogik und Identität
Die Weichenstellungen des Jahres 2025 fügen sich zu einem klaren Bild: Der Consejo Regulador versucht, die Position der DOCa Rioja als international führende Appellation über Qualitätssicherung, strenge Mengenpolitik und gezielte Innovationsprojekte neu abzusichern. Damit betritt die Region einen schmalen Grat: zwischen der Bewahrung ihrer ikonischen Identität und der Öffnung für Weinstile, die bislang nicht mit „klassischer Rioja“ assoziiert waren.
Für die Winzer bedeutet die aktuelle Entwicklung einerseits Einschränkungen in der Erntemenge, andererseits potenzielle Chancen, in neuen Marktsegmenten Fuß zu fassen. Produzenten und Handel warten daher gespannt darauf, wie sich die beschlossenen Maßnahmen in den kommenden Monaten auf Preise, Exportquoten und die Wahrnehmung der Marke Rioja auswirken werden.
Über Rioja
100 Kilometer landschaftliche und klimatische Diversität prägen die Vielfalt der Rioja-Weine entscheidend. Rioja ist das wichtigste Weinbaugebiet Spaniens, seit 100 Jahren eine geschützte Herkunftsbezeichnung und nicht zu vergessen ein immer bedeutenderes Ziel für Weintourismus. Aufgrund ihrer Marktbedeutung und Exportführerschaft stellt die D.O. Rioja eine bedeutende Referenz im Weinsektor der Welt dar. Aufbauend auf einer tausendjährigen Tradition steht Rioja für eine kreative und engagierte Winzergeneration, die mit Hingabe und Leidenschaft jede Ernte zu einem Zeugnis der Exzellenz macht. Mehr als 600 Weingüter und 14.000 Winzer:innen bewahren die Essenz und Authentizität der Rioja, um sich gleichzeitig den Anforderungen eines globalen Marktes anzupassen. Auf über 100 internationalen Märkten ist Rioja ein Synonym für Qualität und wird weltweit geschätzt. Ob Weiß-, Rosé- oder Rotwein, in der Rioja stehen anerkannte Klassiker neben einer aufregenden Avantgarde. Der Kontrollrat Consejo Regulador de la Denominación de Origen Calificada (D.O.Ca) Rioja, der am 6. Juni 1925 gegründet wurde und in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiert, setzt sich engagiert dafür ein, dass Rioja in Sachen Rückverfolgbarkeit, Qualität und Transparenz zu den weltweit führenden Weinbauregionen gehört und kommuniziert im Namen aller Weinerzeuger:innen. riojawine.com