Über die Vermarktung regionaler Weine, Winzergenossenschaften und die Zukunft des Weinhandels diskutierte der Marketing-Experte Professor Karsten Kilian von der Fachhochschule Würzburg mit Gästen. Zu diesem „Think Tank“ unter dem Motto „Verwurzelt in Bewegung“ hatte die Markgräfler Winzer eG aus Efringen-Kirchen ins Vitrahaus in Weil am Rhein eingeladen:
MARKGRÄFLER WINZERGENOSSENSCHAFT: „VERWURZELT IN BEWEGUNG“
In Deutschland wird etwas weniger Wein getrunken. So ging der Weinkonsum vergangenes Jahr um 4,4 Prozent zurück. Dabei sind es vor allem junge Leute, die anderen Getränken den Vorzug geben. 75 Prozent des Weins wird in Deutschland von über 50-Jährigen getrunken. Angesichts der schwierigen Marktlage für Wein betont der Geschäftsführer der Markgräfler Winzer eG, Hagen H. Rüdlin der Imagepflege eine große Bedeutung zu. Es wurde mehr verkauft, aber weniger erlöst.
Die Winzergenossenschaft in Efringen-Kirchen liegt im Süden des badischen Anbaugebietes.Rüdlin ist seit 2016 Geschäftsführer der Markgräfler Winzer eG, der früheren Bezirkskellerei Markgräflerland. Die größte badische Genossenschaft vereint 900 Winzer. Die Herausforderungen des Weinmarkts, vor allem aber, mit welchen Mitteln und Wegen die Markgräfler Winzer eG diesen begegnet, stehen steither im Mittelpunkt der der Genossenschaft. Am 1. Oktober 2018 wurde aus der Bezirkskellerei die „Markgräfler Winzer eG“. Mit der Neuausrichtung der Kellerei sind erste Schritte gegangen, Geschäftsführer Hagen Rüdlin zog eine positive Bilanz des ersten Jahrs nach der Umfirmierung.
Auf dem Talk-Podium: Dieter Hieber (Edeka), Professor Karsten Kilian (Hochschule Würzburg), Dr. Bastian Klohr (Weinbiet Genossenschaft Pfalz) und Hagen H. Rüdlin (Geschäftsführer Markgräfler Winzer eG) Foto: von links.In der Diskussionsrunde hob Edeka-Kaufmann Dieter Hieber hob die regionale Verwurzelung des Unternehmens hervor: „Man muss wissen, woher man kommt, um zu wissen, wohin man geht.“ Zur Hieber Frischemarkt KG, Teil der Edeka-Genossenschaft, gehören 14 Filialen. Wie die Hieber-Märkte und die Markgräfler Winzer hat auch die Genossenschaft Weinbiet Manufaktur in Neustadt an der Weinstraße in den letzten Jahren eine Neuausrichtung vorgenommen. Geschäftsführer Dr. Bastian Klohr stellte den Zusammenhang von Nachhaltigkeit und Wandel heraus – enorm wichtig sei die Kommunikation der Veränderungen. Klohr kommt aus einer Winzerfamilie und leitet seit fünf Jahren die Genossenschaft mit etwa 50 Winzern. Ohne eine gewisse Grenzüberschreitung sei die Sichtbarkeit heute nicht gegeben, waren sich die drei einig.
Verwaltung und Produktions-Standort der Genossenschaft.Die genossenschaftliche Organisation habe sich bewährt, nicht zuletzt weil sie Authentizität signalisiere, so Rüdlin: „Wir wissen, wo unsere Reben wachsen.“ Hieber zitierte seinen Vater: „Anders als früher müssen wir heute nicht mehr hungrige Menschen satt machen, sondern satte Menschen hungrig.“ In einer Zeit, wo der Onlinehandel „in“ ist, setzt er darauf, die Kunden mit Degustationen zu erreichen. Auch wenn die GfK-Studie einen rückläufigen Weinabsatz und einen höheren Altersdurchschnitt der Weintrinker feststellt, ist Hieber überzeugt, dass jeder Markt wachsen könne. Hieber hat eine große Weinabteilung, 18 Weinberater und die alljährliche Weinmesse.
Präsentation des aktuellen Jahrgangs in der Markgräfler Winzergenossenschaft.Auch Rüdlin hat die Erfahrung gemacht, dass das Sektfestival der Genossenschaft ein bunt gemischtes Publikum von 4000 Leuten anlockt. „Unsere Kernaufgabe ist es, jüngere Konsumenten zum Wein zu bringen“, sagte er, zudem müsse man „auf vermarktbarere Rebsorten“ setzen. Gutedel und Spätburgunder machen mit jeweils 33 Prozent der Rebfläche derzeit die wichtigsten Sorten im Betrieb aus. Gutedel aber, so Rüdlin, sei dem Konsumenten in seiner Bedeutung offenbar nicht vermittelbar.
Die „Kathedrale“ im Genossenschaftskeller.Entscheidend ist für Rüdlin das Thema „Imagepflege“: „Was wir als Erzeuger tun, ist Qualität, genau das aber soll nach außen bekannt werden.“ Von Bedeutung ist für ihn die Präsenz des Betriebs in Fachmagazinen, bei großen Weinmessen und auch in sozialen Medien. Ausdrückliche Dankesworte richtete er an seine Mitarbeiter.
Altes Logo vor dem Design-Wechsel.Kritisch sahen die drei Diskutanten die aktuelle Preissituation: Man müsse den Kunden zeigen, warum es sich lohne, für Qualität Geld auszugeben, hieß es. Zum Glück seien besonders die Markgräfler ja auch Genießer, die gute Weine und gutes Essen mögen, fand Hieber. Rüdlin erwähnte noch als positiv, dass für die 0,75-Liter-Flasche Wein in Deutschland 2018 durchschnittlich 2,32 Euro bezahlt worden seien, 5,9 Prozent mehr als im Vorjahr.
Fotos: – Text: Klaus Feldkeller