FRANCIACORTA: ES MUSS NICHT IMMER CHAMPAGNER SEIN

Franciacorta_03Es prickelt. Auf der Zunge. Im Gaumen. Champagner? Besser als Champagner? Wer Schaumwein in Italien zu Weihnachten oder Sylvester trinkt, der greift zu Franciacorta. Das liegt in der Lombardei. 1961 fing es bei Berlucchi an. Franciacorta. Ein Mythos, der den Champagner herausfordern will…

Vor über 50 Jahren begann die Erfolgsstory, nicht nur für das Weingut Berlucchi, sondern auch für die gesamte Region Franciacorta, wie PR-Frau Francesca Facchetti beim Rundgang im Palazzo Lana in Borgonato di Corte Francia charmant betont. Nie zuvor war es hier gelungen, einen Schaumwein nach Champagnervorbild zu kreieren, und nie zuvor trug ein Wein die Herkunftsbezeichnung Franciacorta auf dem Etikett.
Franciacorta_04Edles Ambiente im lombardischen Winzer-Milieu.
Dem Önologen Franco Ziliani gelang das Kunststück. Die Erfolgsstory nahm einen rasanten Verlauf, und das im wahrsten Sinne des Wortes: Winzer und Feingeist Guido Berlucchi hatte neben dem Wein eine zweite Leidenschaft – das Autorennen. Die »Mille Miglia«, die berühmte Rundfahrt von Brescia nach Rom und zurück, wurde von ihm in den 50er-Jahren mehrfach bestritten.Brut 61 – Strohgelb mit grünlichen Reflexen .Der Franciacorta Brut ’61 von Berlucchi wird zu 90 Prozent aus Chardonnay und zu 10 Prozent aus Pinot Nero Trauben hergestellt. Ein kleiner Teil wird in Barriques ausgebaut. Die Reifung auf der Hefe erfolgt für 24 Monate. Danach präsentiert sich dieser Spumante Brut strohgelb mit grünlichen Reflexen. Sein Bouquet ist frisch, duftet intensiv nach Früchten, mit Nuancen von Kräutern. Der Geschmack elegant, frisch, mit einer angenehmen Säure. Weicher und ausgewogener Abgang runden das Ganze ab. Ein edler Spumante aus dem Hause Guido Berlucchi.
   Franciacorta_05Nicht weit vom Lago d’Iseo: Franciacorta.
Der Fran­cia­corta kommt aus dem gleich­na­mi­gen Anbau­ge­biet zwi­schen Gar­da­see und Mai­land, das ein rela­tiv küh­les Klima und lehmig-kalkige Böden besitzt, was für Schaum­weine eine opti­male Vor­aus­set­zung ist. Er besitzt D.O.C.G.-Sta­tus, befin­det sich also in der höchs­ten ita­lie­ni­schen Qua­li­täts­wein­ka­te­go­rie. Er kos­tet durch­schnitt­lich weni­ger als ein Cham­pa­gner, ist des­we­gen aber kein Bil­lig­hei­mer. Mit einem Pro­secco hat er nichts gemein, mit dem süßen Asti noch weniger. Ein Fran­cia­corta wird aus Champagner-Trauben erzeugt.Franciacorta trinken die Italiener selbst. Die Her­stel­lungs­vor­schrif­ten sind wort­gleich und genauso streng wie in der Cham­pa­gne. Ein ein­fa­cher Fran­cia­corta Brut muss min­des­tens 18 Monate auf der Hefe lie­gen, ein Jahrgangs-Wein 30 Monate. Den größ­ten Teil der knapp 11 Mil­lio­nen Fla­schen trin­ken die Ita­lie­ner selbst: rund 90 Pro­zent. Die bei­den bekann­tes­ten Franciacorta-Produzenten hei­ßen Bel­la­vista und Ca’del Bosco. Sie besit­zen auch in der deut­schen Spit­zen­gas­tro­no­mie einen klingenden Namen.
Franciacorta_09Spiritus rector: Guido Berlucchi im Palazzo Lana.
Nun ist auch Ber­luc­chi zu den großen drei Produzenten dazugesto­ßen. 2009 ist die­ser bekannte ita­lie­ni­sche Schaum­wein­pro­du­zent mit einer Palette von edlen Franciacorta-Schaumweinen auf den Markt gekom­men, die den Mar­ken­na­men ’61 auf dem Eti­kett tra­gen. Diese Linie besteht aus drei Wei­nen: dem Brut, einem Rosé Brut und einem Satèn (ein Blanc de Blancs mit nied­ri­ge­rmn Kohlensäuredruck).


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Herkunftsbezeichnung eifert Champagne nach. Die Karriere der Schaumweine aus der italienischen Region Franciacorta ist gleichzeitig auch die Erfolgsgeschichte von Maurizio Zanella. Statt in die Spedition seiner Familie einzusteigen, entdeckte der junge Zanella 1973 seine Leidenschaft für den Weinbau. Dabei waren es vor allem Studienreisen in die Champagne, die Zanella inspirierten. Aus dem Landgut Ca’del Bosco, das die Familie bereits 1964 erworben hatte, machte er ein sehenswertes Weingut, das Ende der 1970er-Jahre erstmals die Herkunftsbezeichnung Franciacorta im Markt platzierte.
Franciacorta_01Im Keller-Allerheiligsten: der 61er Berlucchi.
Heute ist der Franciacorta nicht irgendein italienischer Spumante, sondern ein Wein mit fest etabliertem Profil, eine Marke. Seit 1995 darf er den höchsten Rang der italienischen D.O.C.G-Qualitätspyramide beanspruchen. Inzwischen haben zahlreiche Betriebe Zanella nachgeeifert, das Gebiet erlebte in den letzten zehn Jahren geradezu einen Boom und fordert den Champagner heraus, etwa der Winzer Riccardo Ricci Curbastro. Ca’ del Bosco gehört unverändert zu den größten Erzeugern im Gebiet, gleichzeitig ist Maurizio Zanella auch Präsident des Franciacorta-Konsortiums, dem rund 100 Kellereien angehören. Der italienische Schaumwein-Mythos ist noch jung. Belebt wird er in jedem Jahr mit Essen, Musik und Kunst. Beim großen Festival Franciacorta.
Franciacorta_06Spumante-Parade im Palazzo Lana.
Fotos/Text: Klaus Feldkeller
DER AUTOR HAT TEXT UND FOTOS OHNE FINANZIELLE UNTERSTÜTZUNG DRITTER ERSTELLT. BERLUCCHI STELLTE SPUMANTE UND WEINE FÜR DIE DEGUSTATION ZUR VERFÜGUNG.

 

 

 

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